Rückblick Braunschweiger Brandschutz-Tage 2017

Die Braunschweiger Brandschutz-Tage feiern ihr 30jähriges Bestehen. Seit 1987 findet in Braunschweig ein fachlicher Austausch rund um den Brandschutz statt. Bei der diesjährigen Jubiläumsveranstaltung wurden fast 800 Teilnehmer und 60 Fachaussteller vom Tagungsleiter Prof. Zehfuß, Leiter des Fachgebietes Brandschutz des Instituts für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) der Technischen Universität Braunschweig, begrüßt. Die Präsidentin der TU Braunschweig Prof. Kaysser-Pyzalla beglückwünschte in ihrem Geleitwort Prof. Zehfuß und seinem Vorgänger Prof. Hosser sowie allen Beteiligten für die erfolgreiche Durchführung der Fachtagung seit drei Dekaden. Ein fachlicher Austausch zu aktuellen Themen stellt das wesentliche Ziel der Fachtagung dar. Dieser wurde in der lebendig geführten Diskussion im Nachgang der Vorträge sowie in routinierter Art bei aufgelockerter Atmosphäre während des traditionellen Abendempfanges getätigt. Eine Bereitstellung umfangreicher Informationen für Tagungsteilnehmer und Fachausteller erfolgte wie gewohnt auf dem Informationsportal http://www.brandschutztage.info.

Eine steigende Beliebtheit weist das, am Vortag der Braunschweiger Brandschutz-Tage stattfindende, Symposium „Heißbemessung – Structural Fire Engineering“ auf. Zu Beiträgen aus den Themengebieten der rechnerischen ingenieurmäßigen Brandschutz-Nachweise sowie neuster Erkenntnisse aus Forschungsarbeiten zu Bemessungsansätzen ergaben sich Gelegenheiten für intensive Diskussionen für die über 160 Teilnehmer. Steigenden Zuspruch zeigte der zum dritten Mal überreichte Dietmar Hosser-Preis für herausragende studentische Arbeiten zur Förderung des Brandschutz-Nachwuchses. Durch die Poster-Präsentation hatten die BewerberInnen die Möglichkeit ihre eingereichte Arbeit dem breiten Fachpublikum vorzustellen und in vertiefen Gesprächen zu erläutern.

Entsprechend dem alternierenden Wechsel zwischen den Ausrichtungen folgte auf die Brandschutz-Tage 2016 zum Thema „Brandschutz bei Sonderbauten“ in diesem Jahr die Ausrichtung in „Brandschutz – Forschung und Praxis“. Die erste Sitzung umfasste aktuelle Forschungsergebnisse im Brandschutz unter der Sitzungsleitung von Herrn Prof. Zehfuß. Thematisiert wurde hierbei die numerische Prognose der Brandausbreitung durch ein Pyrolysemodell und Herausforderungen bei der Personenstromanalyse aufgrund der menschlichen Eingabeparameter. Im Anschluss dieses Vortrages erfolgte die Durchführung und Dokumentation eines Liveversuches, bei dem eine Entleerung des großen Saals der Stadthalle stattfand und die Teilnehmer aktive eingebunden waren. Des Weiteren wurden eine mittels modernster Gasdetektionsensorik mögliche Brandfrüherkennung sowie eine Analyse der thermi-schen Materialkennwerte von Beton in der Abkühlphase vorgestellt. In der nachfolgenden Diskussionsrunde zeigte sich ein allgemeines Interesse an den aktuellen Forschungsergebnissen, es wurde auch weiterer Forschungsbedarf aufgezeigt.

In der zweiten Sitzung wurden traditionell Neuerungen bei Normen, Richtlinien und Verordnungen (Sitzungsleitung Hr. Hagemann (Oberste Bauaufsicht Sachsen-Anhalt)) behandelt. Dabei wurde die Anwendung der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) in der Praxis dargestellt, eine Betrachtung der novellierten Musterbauordnung (MBO) und der MVV TB aus europäisch-juristischer Sicht aufgezeigt und der Umgang mit den Anwendungsgrenzen und Lösungsansätze für die Praxis von bauaufsichtlichen Nachweisen vorgestellt. Außerdem wurden die Anwendung von Ingenieurmethoden an den Bemessungsbeispielen der DIN 18009 sowie eine erhöhte Sicherheit durch die neue harmonisierte Produktnorm für Brandschutzkabel thematisiert. Die noch unterschiedlichen Sichtweisen bei der Anwendung und Umsetzbarkeit der MVV TB zeigte sich in der abschließenden Podiumsdiskussion. Die bestehende Unsicherheit bei den Ausführenden und Planer verdeutlicht, dass weiterhin viel Arbeit für alle Beteiligten erforderlich ist.

Mit dem zum dritten Mal an herausragende studentische Arbeiten verliehene Dietmar Hosser-Preis endete der erste Tagungstag. Die Arbeit zur „Numerische Untersuchung des Tabellenverfahrens EN 1992-1-2/ Anhang C zur Identifikation unsicherer Anwendungsbereiche von Druckgliedern“ von Herr Georg Drexel (TU München) überzeugte die fachkundige Jury und wurde mit dem ersten Preis prämiert. In einem sehr interessanten Vortrag präsentierte Herr Drexel dem anwesenden Fachpublikum Auszüge seiner Arbeit. Den zweiten Platz erreichte Herr Maximilian Kuhn (TU Braunschweig) mit seiner Arbeit über die „Beschreibung des Feu-erwiderstandes einer bestehenden Stahlstütze mit reaktiver Brandschutzbeschichtung“. Dritter Preisträger ist Herr Stefan Sandbrink (LU Hannover), welcher in seiner Arbeit die „Optimierung einer Fachwerkbinderkonstruktion in Stahl- bzw. kombinierter Stahl-Holzbauweise unter Berücksichtigung brandschutztechnischer Anforderungen am Beispiel einer Sporthalle“ behandelt.

Der zweite Tagungstag wurde mit der dritten Sitzung, unter Leitung von Herrn Prof. Gressmann, zum Thema Brandschutzkonzepte für Sonderbauten eröffnet. Die Vorträge der dritten Sitzung behandelten die Anforderungen zwischen Bestand und Neubau der Staatsoper Unter den Linden, die Anwendung von Ingenieurmethoden in der Praxis bei der Brandschutzbemes-sung von Bauteilen im Bestand, ein Vergleich verschiedener Nachweismethoden anhand einer mehrmaligen Erweiterung einer ausgedehnten Industriehalle, der Brandschutz im Industrie- und Gewerbebetrieb aus Sicht der Versicherungswirtschaft sowie eine Studie zur Qualität und Realisierbarkeit von Brandschutzkonzepten. In der Diskussionsrunde wurde auf verschiedene Detaillösungen der vorgestellten Brandschutzkonzepte, die Anforderungen der Sachversicherer unter Betrachtung des Brandschutzes sowie die allgemeine Bewertung der Qualität von Brandschutzkonzepten näher eingegangen.

Die vierte und abschließende Sitzung zur Nachverdichtung im Innerstädtischen Bereich –Brandschutz als möglicher Spielverderber– wurde von Herrn Plietz (Oberste Bauaufsicht Nordrhein-Westfalen) geleitet. Thematisiert wurden die Ursachen und Gentrifizierung für die Wiederkehr der Städte, die Probleme und Lösungsansätze des zweiten Rettungsweges im innerstätischen Wohnungsbau, neue Ansätze für die Ausbildung von Sicherheitstreppenräumen sowie die Wege der Brandschutzplanung infolge der innerstädtischen Nachverdichtung. Die anschließende Podiumsdiskussion zeigte die von den Feuerwehren bestehenden Beden-ken und auftretenden Herausforderungen bei Personenrettung über die Geräte der Feuerwehre im platzbegrenzten innerstädtischen Bereich. Es wurde jedoch auch deutlich, dass künftig eine erhöhte Flexibilität erforderlich ist, damit der 2. Rettungsweg über Hubrettungsfahrzeuge gewährleistet werden kann.

Begleitend zur Tagung zeigte die, von den Tagungsteilnehmern gut besuchte, Fachausstel-lung aktuelle Entwicklungen und Neuerungen aus den Bereichen des baulichen, anlagentechnischen, abwehrenden und organisatorischen Brandschutzes. Das iBMB blickt auf eine erfolgreiche, diskussionsfreudige Veranstaltung zurück, die diesmal einen theoretischen Schwerpunkt hatte. Im kommenden Jahr wird die Tagung wieder einen größeren praktischen Schwerpunkt haben. Um eine kontinuierliche Verbesserung dieser Veranstaltung zu ermöglichen können, zusätzlich zu der während der Tagung durchgeführten Umfrage, Anregungen über das Feedback-Formular des Informationsportals http://www.brandschutztage.info/feedback/ übermittelt werden.