Rückblick Braunschweiger Brandschutz-Tage 2020

Die traditionsreichen Braunschweiger Brandschutz-Tage fanden am 16. und 17. September 2020 bereits zum 34. Mal und „Corona-bedingt“ erstmalig als Online-Live-Veranstaltung statt. Nachdem das Programm der Tagung bereits im Februar veröffentlich war, war eine Absage der Veranstaltung keine Option. Eine Präsenzveranstaltung wäre in der Größe kaum zu organisieren gewesen und erschien mit Blick auf den Charakter der Braunschweiger Brandschutz-Tage, bei denen der fachliche Austausch, die begleitende Fachausstellung und die integrierte Abendveranstaltung wesentliche Elemente sind, nicht erstrebenswert.


Die Online-Veranstaltung begann mit der Begrüßung der Teilnehmenden aus den Büros, heimischen Arbeitszimmern und Seminarräumen durch den Tagungsleiter Prof. Zehfuß, Leiter des Fachgebietes Brandschutz des Instituts für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) der TU Braunschweig. Die Referent*innen und Moderator*innen der vier Sitzungen wurden in Präsenz in der gewohnten Umgebung der Stadthalle Braunschweig empfangen. Die Präsentationen der Vortragenden wurden mit Einbindung ihres Live-Bilds über eine Streaming-Software übertragen. Mit interaktiven Maßnahmen wie Umfragen und Question & Answers wurde den Teilnehmenden ermöglicht, sich an der Online-Veranstaltung aktiv zu beteiligen. Ein fachlicher Austausch zu aktuellen Themen des Brandschutzes stellte das Diskussionsforum am ersten Abend der Fachtagung dar, welches mittels Videokonferenz durchgeführt wurde. Trotz des für einige Teilnehmende noch ungewohnten online-Formats entwickelte sich eine lebhafte Diskussion zu den von den Teilnehmenden ausgewählten Themen „Brandschutz bei Fassaden“, „Schulbau“, „Nachwachsende Rohstoffen“ und „Brandschutzingenieurmethoden“. Im virtuellen Raum konnten sich die Teilnehmenden in lockerer Atmosphäre mit einem kühlen Kaltgetränk aus der heimischen Minibar austauschen.

 

Ungewohntes Ambiente für die Referenten – Braunschweiger Brandschutz-Tage 2020

Direkt vor der Fachtagung wurde der Workshop Feuerlöschanlagen in 2. Auflage gemeinsam mit dem bvfa – Bundesverband Technischer Brandschutz e. V. im gleichen Format online durchgeführt. In dem Online-Workshop wurden aktuelle Fragestellungen zu Feuerlöschanlagen von ausgewiesenen Referenten vorgestellt sowie mit den Teilnehmenden online diskutiert. Neben Wassernebellöschanlagen wurden die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit sowie Fragen der Zertifizierung von Feuerlöschanlagen thematisiert.
Die Fachtagung begann dann mit dem einleitenden Key Note Vortrag von Herrn Martin Steinert zum Thema „33 Tage – ein Corona-Behandlungszentrum auf Vorrat“. Dabei wurde anschaulich dargestellt, dass eine Umnutzung einer genehmigten Versammlungsstätte durch die baurechtlichen Anforderungen und das Baurecht in Deutschland auch in 33 Kalendertagen möglich ist. Das ingenieurmäßige Vorgehen sowie der Fokus auf die Schutzziele Brandvermeidung, wirksame Löscharbeiten und Personensicherheit wurden anhand des Corona-Behandlungszentrums verdeutlicht und anschaulich präsentiert.
Die folgende erste Sitzung befasste sich mit dem Themenbereich Rauchableitung und Verstaltungstechnik und wurde vom Fachbereichsleiter Brandschutz der MPA Braunschweig, Herrn Dr.-Ing. Blume, geleitet. Thematisiert wurden hierbei robuste und langfristige Rauchableitungskonzepte, die nach dem Prinzip „keep it simple, keep it small“ ausgelegt werden sollen, um auch bei beispielsweise Nutzungsänderungen funktionssicher zu sein. Beispielhaft wurden Rauchversuche zur Auslegung einer rauchoffenen Membran im Flughafen BER gezeigt, wobei neben Vor-/Hauptbrandversuchen auch Brandschutzingenieurmethoden sowie Bildauswertungen zum Einsatz kamen. Ferner wurde der Brandschutz in der Veranstaltungs-technik thematisiert. Es wurde die Gefährdungsbeurteilung, die Benennung von Materialklassen sowie adhoc Verfahren/Prüfungen zur Einteilung von Veranstaltungstechnik vorgestellt.
Die zweite Sitzung widmete sich traditionell den Normen, Richtlinien und Verordnungen. Die Moderation übernahm Herr Plietz (Obersten Bauaufsicht Nordrhein-Westfalen). Neben praktischen Ansätzen der Räumungssimulation und Staubewertung anhand z. B. Grenzgeschwindigkeiten, die im Zuge der DIN 18009-2 (Räumungssimulation und Personensicherheit) erarbeitet wurden, sind praktische Umsetzung der MVV TB für den Brandschutz und die Haustechnik vorgestellt worden. Zentrale Punkte waren hier die Konkretisierung der nationalen Anforderungen durch Regeln für Planung, Bemessung und Ausführung. Außerdem wurden die verfügbaren Standards für Sprinkleranlagen in Deutschland anhand von Datenblättern und Normen aufgezeigt. Abschließend erfolgte die Darstellung von Brandschutz in Schulen mit modernen pädagogischen Lernkonzepten. Insbesondere die Ausbildung und Führung von Rettungswegen führte zu großen Diskussionsbedarf, sodass das Thema „Schulbau“ im Rahmen des abendlichen Diskussionsforums von den Teilnehmenden weiter sehr angeregt diskutiert wurde.
Der zweite Tagungstag wurde mit der dritten Sitzung „innovative Brandschutzkonzepte“ vom Moderator Karsten Foth (hhpberlin) eröffnet. Vorgestellt wurde die Entwicklung des Brandschutzes und Herausforderungen im Brandschutzkonzept für das hochtechnisierte Uni-Klinikum in Aachen, eines der größten Krankenhäuser Europas. Des Weiteren erfolgte die Vorstellung eines ungeschützten Verbundbaus in R 30 am Beispiel eines 7 geschossigen Gebäudes in Genf. Die Anwendung von Feuerverzinkung und Heißbemessung wurde dabei anschaulich dargestellt. Ferner wurden grundlegende Prinzipien bei der planerischen Auslegung von Hochhäusern in Holzbau oder Hybridbauwese vorgestellt, wobei insbesondere auf Herausforderungen bei Fugen, Anschlüssen und Fassaden eingegangen wurde. Weiterhin wurde das Brandschutzkonzept für das FOUR 4 einen multifunktionalen Bürobau aus vier Türmen als eigenen Realbauteil vorgestellt, bei dem insbesondere die Herausforderungen von Mischnutzungen sowie die intensive Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten im Fokus standen. Abschließend wurden Planungsbeispiele und Empfehlungen für Konzeptansätze von Energiespeicheranlagen vorgetragen.
Die vierte Sitzung zum Abschluss der Online-Veranstaltung leitete Frau Klingner (Oberste Bauaufsicht Berlin) zum Thema Energiespeicher und Elektrofahrzeuge – Ist das Brandrisiko höher? Neben wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Wärmefreisetzungsraten und dem Brandverhalten von Elektrofahrzeugen wurden erste Ergebnisse eines Forschungsvorhabens in Form von thermischen Einwirkungen ungeschützter Stahlbauteile in offenen, oberirdischen Parkgaragen beim Brand von Elektrofahrzeugen vorgestellt. Aus Sicht der Versicherer wurden Herausforderungen und Schadensfälle im Zusammenhang von Lithium-Ionen Akkumulatoren, Energiespeichern und Elektrofahrzeugen präsentiert. Die Darstellung der Herausforderungen des abwehrenden Brandschutzes bei Elektrofahrzeugen erfolgte abschließend aus Sicht der Feuerwehr. Die anschließende Diskussion thematisierte den Bedarf an Löschwassermengen und mögliche Konsequenzen für die Muster-Garagenverordnung.
Das iBMB blickt auf eine erfolgreich verlaufene Veranstaltung zurück, bei der auch im Online-Format erfreulich kontrovers diskutiert wurde. Die Planungen für die kommenden Brandschutz-Tage am 15. und 16.09.2021 sind bereits angelaufen. Es bleibt zu hoffen, dass diese dann wieder in Präsenz in Braunschweig stattfinden!

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