Rückblick Braunschweiger Brandschutz-Tage 2022

Die traditionsreichen Braunschweiger Brandschutz-Tage fanden am 14. und 15. September 2022 bereits zum 36. Mal statt. Zur diesjährigen Veranstaltung begrüßte der Tagungsleiter Prof. Zehfuß, Leiter des Fachgebietes Brandschutz des Instituts für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) der TU Braunschweig, fast 550 Teilnehmende und über 30 Fachausstellende erstmalig im MEC Event Center in Braunschweig. Ein fachlicher Austausch zu aktuellen Themen war das wesentliche Ziel der Fachtagung. Dieser fand in der lebendig geführten Diskussion im Nachgang der Vorträge sowie in routinierter Art bei aufgelockerter Atmosphäre während des traditionellen Abendempfanges statt. Im Dialog mit den Teilnehmenden und Ausstellenden unterliegen die Brandschutz-Tage einer stetigen Weiterentwicklung. Am Vortag der Braunschweiger Brandschutz-Tage wurde das Symposium „Heißbemessung – Structural Fire Engineering“ zum achten Mal durchgeführt. Zu Beiträgen aus den Themengebieten der rechnerischen, ingenieurmäßigen Brandschutz-Nachweise, Raumbrände und Naturbrandbeanspruchungen sowie neusten Erkenntnissen aus Forschungsarbeiten zum Brandschutz im Holz-, Stahl- und Betonbau ergaben sich für die über 120 Teilnehmenden aus Wissenschaft und Praxis viele Gelegenheiten für intensive Diskussionen.

Vor dem Beginn der Fachtagung am 14. September fand der mit dem Bundesverband Technischer Brandschutz e. V. (bvfa) gemeinsam ausgerichtete Workshop zu Feuerlöschanlagen in der 4. Auflage statt. Der Workshop beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit den Herausforderungen und den Schutzkonzepten für den anlagentechnischen Brandschutz bei der Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten, mit dem Verbot von Fluortensiden im Kontext von Schaumlöschmitteln und mit den Anwendungsgrenzen von Sprinkleranlagen und bot die Gelegenheit für eine intensive fachliche Diskussion.

Herr Dr. Drews vom Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer e. V. (IFS) eröffnete die Fachtagung mit seiner Keynote zum Thema „Brandursachen kennen heißt Schäden verhüten – Ein Blick hinter die Kulissen der Brandermittler“ und führte in die anspruchsvolle Arbeit der Brandursachenermittlung ein. Deutlich gemacht wurde insbesondere die Relevanz für die Brandprävention.

Die erste Sitzung, die von Frau Aeissen (MPA Braunschweig) geleitet wurde, befasste sich mit Neuerungen im Brandschutz. Zu Beginn der Sitzung wurden Grundlagen und Anforderungen an openBIM in der Brandschutzplanung thematisiert, bevor es um die Freisetzung toxischer Gase bei Bränden von Energiespeichern im Rahmen des thermal runaway ging. Die Sitzung wurde mit der Vorstellung des ersten Entwurfs der Revision der EU-Bauproduktenverordnung als Folge des sogenannten CPR-Acquis-Prozess beendet.

Die zweite Sitzung widmete sich traditionell den Normen, Richtlinien und Verordnungen und wurde von Herrn Bröhl von der obersten Bauaufsicht in NRW moderiert. Zunächst wurde die Modulbau-Richtlinie in NRW aus bauordnungsrechtlicher Sicht thematisiert. Zentrale Aspekte waren hierbei der Zusammenhang zwischen Anforderungen an Bauprodukte, Bauteile und Bauarten sowie Abweichungen von Verwendbarkeitsnachweisen. Der zweite Vortrag beschäftigte sich mit neuen Normen für Differenzdruckanlagen, wobei Anwendungsbereiche und wirksamen Parameter in Brandprüfungen im Fokus standen. Darüber hinaus beschäftigte sich die zweite Sitzung mit neuen Regelungen zu Fassadenbränden in der DIN 4102-24 und in Europa, vor allem in Bezug auf bauaufsichtliche Brandschutzanforderungen an Außenwandbekleidungen und Referenzbrandszenarien für Brandprüfungen. Zuletzt wurden Möglichkeiten vorgestellt, Brandbekämpfungsabschnittsflächen nach Abschnitt 4.3 der Muster-Industriebau-Richtlinie mittels Ingenieurmethoden nachzuweisen. Großer Diskussionsbedarf entstand dabei in Bezug auf das Sicherheitskonzept der Industriebaurichtlinie, insbesondere hinsichtlich der Ableitung zulässiger Abschnittsgrößen und der Trennung von Brandabschnitten über Freistreifen (virtuelle Brandabschnittstrennung). Die zahlreichen Fragen und die lebhaften Diskussionen bestätigten die Aktualität und die Bedeutung der vorgestellten Themen.

Der erste Tagungstag wurde – nunmehr zum sechsten Mal – mit der Verleihung des Dietmar Hosser-Preises für herausragende Studierendenarbeiten beendet. Herr Pöschl konnte mit seiner an der TU München angefertigten Arbeit „Numerische Simulation von Hochleistungsbeton im Brandfall: Entwurf und Implementierung eines Materialmodells in Matlab“ die Jury überzeugen und erhielt den ersten Preis. Mit einem interessanten Vortrag präsentierte er seine Arbeit dem anwesenden Fachpublikum. Mit seiner Arbeit „Bewertung der Tragstruktur von Parkgaragen infolge von Naturbrandszenarien“ belegte Herr Munaretto (LU Hannover) den zweiten Platz. Über den dritten Preis konnte sich Frau Lücking (TU Braunschweig) mit ihrer Arbeit zur „Modellierung des thermischen Verhaltens von Ziegelmauerwerk unter Brandbeanspruchung mit der FEM-Software Abaqus“ freuen.

Herr Foth (hhpberlin) leitete am zweiten Tagungstag die dritte Fachsitzung zum Thema „Brandschutzkonzepte für Sonderbauten“ ein. Im Mittelpunkt standen die Digitalisierung sowie große Projekte, bei denen spezielle Herausforderungen an den Brandschutz gestellt wurden. In einem engagierten Vortrag zur Digitalisierung im betrieblichen Brandschutz wurden die Vorteile und die Möglichkeiten für die Zukunft des vorbeugenden, abwehrenden und organisatorischen Brandschutzes dargestellt. Im Vortrag „Bürowelten der Zukunft“ wurden den Teilnehmenden innovative Brandschutzplanungen an ausgewählten Beispielen vorgestellt und die Notwendigkeit der Überarbeitung bauordnungsrechtlicher Festlegungen diskutiert. Des Weiteren wurde in der dritten Sitzung das Projekt „Arena SAP Garden“ in München präsentiert. Bei der Planung dieser Arena, die flexibel für verschiedenste Veranstaltungsarten eingesetzt werden soll, gab es verschiedene Herausforderungen zu bewältigen. Die Digitalisierung führt in immer mehr, teils sensiblen, Bereichen zu einer Zunahme elektrischer Geräte und verändert das Brandrisiko nachhaltig. Um diesem Problem zu begegnen, wurden im darauffolgenden Vortrag Lösungsansätze aus dem Bereich des geräteinternen Brandschutzes dargestellt. Die Sitzung wurde mit der Vorstellung des Projekts „Roots“ – dem höchsten Holzhochhaus in Deutschland – abgeschlossen. Das Thema Holzbau dominierte die anschließende Diskussionsrunde, in der unter anderem die Sinnhaftigkeit von Putzfassaden zur Verringerung der vertikalen Brandausbreitung, Anforderungen an Sprinkleranlagen und Anforderungen an feuerbeständige Tragwerke in Zusammenhang mit der Leistungsfähigkeit der Feuerwehr diskutiert wurde.

Die vierte Sitzung zum Abschluss der Tagung leitete Herr Prof. Zehfuß (TU Braunschweig) zum Thema Brandschutz im Holzbau. Eingeleitet wurde die Sitzung mit Ergebnissen aus dem Forschungsprojekt TIMpuls, aus dem Konstruktionsgrundsätze für das mehrgeschossige Bauen mit Holz abgeleitet werden konnten. Darüber hinaus befasste sich das Projekt mit der Herstellung von Bauteilen und Brandprüfungen sowie mit wirksamen brandschutztechnischen Bekleidungen. Zudem wurde die Bedeutung von Holzbauweisen im Kontext des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit dargelegt. Der nächste Vortrag setzte sich mit dem Rauchdurchtritt durch Holzbauanschlüssen auseinander. Im dritten Vortrag der Sitzung wurde die sich durch strukturelle Brandlasten verändernde Branddynamik thematisiert. Der abschließende Vortrag behandelte die Fragestellung, ob moderne Gebäude in Holzbauweise aufgrund zusätzlicher struktureller Brandlasten Anpassungen der Taktik und der Technik der Feuerwehr erforderlich machen. In der abschließenden Diskussion wurde unter anderem die Rolle von anlagetechnischen Maßnahmen, Schutzkonzepten und   Brandbekämpfungsmaßnahmen diskutiert und der Einfluss von Schutzbekleidungen erörtert.

Begleitend zur Tagung konnten sich die Teilnehmenden auf der gut besuchten Fachausstellung über aktuelle Entwicklungen und Neuerungen in den Bereichen des baulichen, anlagentechnischen, abwehrenden und organisatorischen Brandschutzes informieren.

Eine Bereitstellung umfangreicher Informationen für Tagungsteilnehmer und Fachausteller erfolgte wie gewohnt auf dem Informationsportal http://www.brandschutztage.info. Das iBMB blickt auf eine erfolgreiche und diskussionsfreudige Veranstaltung zurück. Die Planungen für die kommenden Brandschutz-Tage am 20. und 21.09.2023 laufen bereits.

Um eine stetige Weiterentwicklung zu ermöglichen und Themenvorschläge einzubringen. können Anregungen über das Feedback-Formular unter http://www.brandschutztage.info/feedback/ übermittelt werden.